Dysfunktionale Familie: Sündenböcke und emotionale Gewalt

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Dysfunktionale Familie: Sündenböcke und emotionale Gewalt 

Dysfunktionale Familie: Sündenböcke und emotionale Gewalt. Emotionale Gewalt oder auch psychische Gewalt hat viele Gesichter.
Während körperliche Gewalt oftmals Spuren hinterlässt, die für andere sichtbar werden, sind die Spuren körperlicher oder psychischer Gewalt häufig unsichtbar.

In dysfunktionalen Familien können beide Arten von Gewalt gemeinsam auftreten und dabei langfristige Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen nach sich ziehen. Eine klare Grenzziehung zwischen diesen beiden Arten von Gewalt ist trotzdem nicht so einfach, wie man vermuten könnte.

Wie die Rolle des Sündenbocks in der Familie und emotionale Gewalt zusammenhängen und welche Folgen letztere hat, erfahren Sie im heutigen Beitrag.

Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash
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WIE MAN ZUM SCHWARZEN SCHAF (GEMACHT) WIRD 

Der Sündenbock bzw. das schwarze Schaf in der Familie ist oft am höchsten gefährdet, Opfer von emotionaler und körperlicher Gewalt zu werden.

Wie ich bereits in im Artikel zum Thema Sündenbock erklärt habe, ist es nicht die Verantwortung oder gar Schuld des Kindes, in diese Rolle hineingeraten zu sein bzw. diese im Familiensystem zugewiesen bekommen zu haben. Vielmehr liegt die Ursache in den engsten Bezugspersonen begründet, in der Regel die Eltern, die meist aufgrund ihrer eigenen Vorgeschichte und ihren Erfahrungen so handelten, wie sie es taten. Dabei musste es sich keineswegs um vorsätzliches Verhalten handeln.

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WAS VERSTEHT MAN UNTER EMOTIONALER GEWALT?

Emotionale, psychische oder auch seelische Gewalt umfasst ein breites Spektrum von Verhaltensweisen, die eine Gewaltausübung beschreiben, welche ohne Schläge auskommt.
Stattdessen werden andere Formen von Gewalt angewandt, die sich nicht nur schwerer fassen lassen, sondern auch durch ihre Subtilität auf den ersten Blick nicht einmal als gewaltsam eingeordnet werden (können). Gleichwohl zählen sie als Misshandlungen, die ihre Spuren in die Betroffenen einschreiben.

Dazu zählt etwa permanente Kritik, Herabsetzungen und Beleidigungen, Drohungen oder Nötigung, Ablehnung in Form von Ignoranz und Isolation, Liebesentzug, das Einreden bzw. Erzeugen von Schuldgefühlen, Parentifizierung, als Partnerersatz für die Bezugspersonen herhalten/dienen zu müssen, weitere emotionale Bedürfnisse der Bezugspersonen befriedigen zu müssen oder auch Vernachlässigung.

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DIE KONSEQUENZEN VON EMOTIONALER GEWALT

Die Folgen von emotionaler Gewalt können verheerend sein. Je jünger die Betroffenen sind, desto gravierender sind sie in der Regel. Besonders tragisch ist dabei, dass emotionale Gewalt nach außen hin – also für andere Menschen im Umfeld – nicht als solche wahrgenommen wird und Hilfe und Unterstützung deshalb oft ausbleiben. Unter Umständen wird die Erfahrung emotionaler Gewalt sogar heruntergespielt oder gar gänzlich negiert, was das Leid und die Not der Betroffenen um ein Vielfaches verstärkt.
Denn neben der erlebten Gewalt wird den Betroffenen das Erlebte abgesprochen, ihre Gefühle invalidiert, d. h. ungültig gemacht, was dazu führen kann, dass die schmerzvollen Erlebnisse umso schwerer verarbeitet werden können. Die erlebte Realität wird infrage gestellt, was anstelle einer Heilung zu einer weiteren Wunde, einer weiteren Verletzung beiträgt.

Wenn ein Kind von den Menschen Gewalt erfährt, von denen es existenziell abhängig ist, befindet es sich in einem unauflöslichen Konflikt. Einerseits ist es unbedingt und absolut abhängig von der Liebe und Fürsorge seiner Bezugspersonen, andererseits macht es wiederholt die Erfahrung, dass ihm diese großes Leid zufügen. Um diesen Konflikt auszuhalten – denn ein Auflösen ist nicht möglich – kann das Kind auf verschiedene Arten reagieren.

MÖGLICHE REAKTIONEN AUF EMOTIONALE GEWALT

Es kann beispielsweise nach Gründen suchen, die das misshandelnde Verhalten der Bezugspersonen rechtfertigen. Dies geschieht, indem das Kind sich selbst zum Sündenbock macht und die vermeintliche Schuld auf sich nimmt. Die Misshandlungen werden dann als gerechtfertigte Strafe umgedeutet, weil die Vorstellung, dass die engsten und zugleich existenziell bedeutsamen Bezugspersonen aus Willkür, Absicht oder sogar systematisch misshandeln, sich unerträglich und sogar lebensbedrohlich anfühlen kann. Die Schuld auf sich zu nehmen und damit einen vermeintlich logischen, weil nachvollziehbaren Grund gefunden zu haben, ist aus der kindlichen Perspektive das vergleichsweise geringere Übel. Es schafft die Illusion von potenzieller Kontrolle des Kindes, das nun glaubt, mit dem entsprechenden Verhalten weitere Gewalt abwenden oder zumindest auf irgendeine Art regulieren zu können. Diese Form der Schuldumkehr – oder auch Umkehr der Verantwortung – geschieht jedoch zu einem teuer erkauften Preis, nämlich auf Kosten der eigenen psychischen Gesundheit.

Keineswegs handelt es sich dabei um eine freiwillige oder etwa bewusst getroffene Entscheidung, sondern um den oftmals verzweifelten Versuch, das Unerträgliche erträglich, das Unaushaltbare aushaltbar zu machen. Jedoch kann dem Kind die Rolle des Sündenbocks auch unmittelbar von den Bezugspersonen zugewiesen werden, indem diese ihr eigenes Verhalten durch Schuldzuweisungen an das Kind oder in Form von vorgeschobenen Gründen (die sie möglicherweise auch selbst glauben) zu rechtfertigen versuchen.

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DYSFUNKTIONALE FAMILIE: SÜNDENBÖCKE UND EMOTINALE GEWALT: WIE SICH EMOTIONALE GEWALT ÜBERWINDEN LÄSST

Emotionale, seelische oder psychische Gewalt hinterlässt oft tiefe Spuren. Sie kann sich auf die Wahrnehmung der Realität auswirken, zu massiven Selbstzweifeln sowie zu einem niedrigen Selbstwertgefühl führen. Das Führen und die Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Beziehungen wie Freundschaften oder Partnerschaften können stark darunter leiden bzw. beeinträchtigt sein. Zudem steigt das Risiko, sich erneut in misshandelnde Beziehungen zu begeben und sich nicht dauerhaft aus ihnen lösen zu können.

Am Anfang steht oftmals der schmerzhafte Prozess der Bewusstwerdung und des Anerkennens dessen, was man als Kind oder Jugendliche:r erlebt hat.
Das kann mit starken Emotionen wie Trauer, Wut, Verzweiflung und Ohnmacht verbunden sein. Ein erster Schritt auf dem Weg zur Überwindung des Erlebten kann daher sein, sich einen geschützten Ort zu suchen, an dem für diese Emotionen Raum ist. Dies kann ein realer, existierender Ort sein oder aber auch ein Ort in Ihrer Vorstellung. Für letzteren gibt es eine Vielzahl von Anleitungen im Internet, mithilfe derer Sie einen solchen imaginären Vorstellungsraum erschaffen können.

Wenn Sie mehr über die Ursachen und Folgen von körperlicher Gewalt erfahren möchten, empfehle ich Ihnen diesen Artikel: Gewalt in der Familie – Generation geschlagene Kinder

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WAS SIE IN AKUTEN BELASTUNGSSITUATIONEN TUN KÖNNEN

Wenn Sie bemerken, dass Ihre Emotionen Sie zu überrollen drohen, ist der Zugriff auf kognitive Funktionen, d. h. rationales und besonnenes Handeln oftmals stark erschwert. Impulsive Handlungen im Affekt können die Folge sein, wie etwa selbst- oder fremdschädigendes Verhalten, aber auch sozialer Rückzug oder die Vermeidung potenziell auslösender Situationen sind denkbar.

In Situationen von akuter emotionaler Überforderung kann es hilfreich sein, sich auf die natürlichste Funktion des menschlichen Körpers zu besinnen: Den Atem. Eine hilfreiche Atemübung, die Ihnen dabei hilft, sich selbst wieder zu regulieren, stelle ich Ihnen zum kostenlosen Download unter diesem Link zur Verfügung.

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Meine Frage an Sie:

Haben Sie als Kind und/oder Jugendliche:r emotionale Gewalt erlebt? Hatten Sie jemandem in Ihrem Umfeld, dem oder der Sie sich anvertrauen konnten? Was hätten Sie gebraucht?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie haben es zu keinem Zeitpunkt verdient, emotionale oder psychische Gewalt zu erfahren. Stattdessen hätten Ihnen Schutz, liebevolle Fürsorge und Halt zugestanden.

Wenn Sie bei diesem Prozess der Aufarbeitung von emotionaler Gewalt eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

 

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© 2023 Romy Fischer

Wie Familienrolle und der Selbstwert zusammenhängen

Photo by Jamez Picard on Unsplash
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Wie Familienrolle und Selbstwert zusammenhängen 

Zwischen dem Selbstwertgefühl und der Familienrolle besteht ein enger Zusammenhang. Je nachdem, welche Rolle man in seiner Familie innehatte, hatte das massive Auswirkungen darauf, für wie wertvoll man sich bis heute (größtenteils unbewusst) hält.

Wie die Familienrolle und der Selbstwert zusammenhängen und warum es sich lohnt, an seinem Selbstwertgefühl zu arbeiten, erfahren Sie im heutigen Beitrag.

SELBSTWERT UND SELBSTWERTGEFÜHL

Da im allgemeinen Sprachgebrauch die beiden Begriffe Selbstwert und Selbstwertgefühl synonym gebraucht werden, möchte ich kurz unterstreichen, dass das Selbstwertgefühl das subjektive Gefühl dessen ist, was man wert zu sein glaubt.

Korrekterweise müsste man daher vom Selbstwertgefühl sprechen, denn der Wert eines jeden Menschen ist gleich: Jeder Mensch ist gleich viel wert – keiner weniger oder mehr als der andere. 

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WIE DIE FAMILIENROLLE DEN SUBJEKTIVEN SELBSTWERT BEEINFLUSST

Familie als solche, aber auch die darin eingenommene bzw. zugewiesene Rolle innerhalb einer Familie, hat einen großen Einfluss darauf, mit welchem Selbstwertgefühl ein Kind heranwächst.

Dabei muss es keineswegs eine dysfunktionale Rolle sein – es kann sich dabei auch um bestimmte elterliche Erwartungen an das Kind handeln, die seinen gefühlten Selbstwert beeinflussen.

So werden beispielsweise bereits an Jungen und Mädchen unterschiedliche Erwartungen herangetragen: Mädchen sollen „brav sein“, werden öfter in den Haushalt eingebunden und werden häufig in die Rolle der Kümmernden gedrängt, insbesondere dann, wenn Geschwister vorhanden sind.

Jungen hingegen sollen „tapfer sein“, ihre Emotionen verbergen und/oder mit sich selbst ausmachen sowie unabhängig(er) sein – oder als große Brüder besonders auf ihre kleinere Schwester „aufpassen“.

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FOLGEN EINES GERINGEN SELBSTWERTGEFÜHLS

Da das Kind sich angepasst und unauffällig verhält, in der Regel das tut, was ihm aufgetragen wird und sich stets darum bemüht, niemandem zur Last zu fallen, entsteht bei den Eltern der Eindruck, ein „pflegeleichtes“ oder „wohlgeratenes“ Kind zu haben.

Nur allzu oft resultiert das brave bzw. folgsame Verhalten jedoch daraus, dass das Kind von seinen Bezugspersonen in die Rolle des gehorsamen, vernünftigen Kindes hineingedrängt wurde.

Doch nicht nur die angepassten Kinder sind davon betroffen. Es betrifft auch jene Kinder, die auf den ersten Blick das Familiengefüge zu sprengen drohen, wiederholt Konflikte heraufbeschwören oder Themen ansprechen, die vermeintlich zum Wohle aller unausgesprochen bleiben sollten.

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WAS MAN GEGEN EINEN GERINGEN SELBSTWERT TUN KANN

Wenn Sie unter einem geringen Selbstwertgefühl leiden, haben Sie sicherlich schon vieles unternommen, um Ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Gerade in der Selbsthilfe-Literatur finden sich zahlreiche Anleitungen und Übungen, die das Selbstwertgefühl steigern sollen.

Leider ist es so, dass die Arbeit am eigenen Selbstwertgefühl oft viel Zeit erfordert. Gerade wenn einem Kind sehr früh vermittelt wurde, dass es weniger wert sei als die Eltern, Geschwister und/oder Cousinen bzw. Cousins, kann es sich um eine Lebensaufgabe handeln.

Das Selbstwertgefühl entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern bildet sich in Beziehung mit anderen Menschen heraus. 

Nicht nur die Erfahrung von eigener Kompetenz, sondern auch die Wertschätzung der eigenen Person durch sich selbst, aber eben auch durch unsere Mitmenschen tragen erheblich dazu bei, sich seines Wertes bewusst(er) zu werden.

Je stärker unser Selbstwertgefühl an unsere Fähigkeiten gekoppelt ist, desto verunsicherter werden wir häufig, wenn es um Zwischenmenschliches geht.

Fragen wie:

  • „Bin ich überhaupt liebenswert?“
  • „Bin ich in Ordnung, so wie ich bin?“
  • „Bin ich interessant (genug)?“
  • „Darf ich Wünsche haben?“
  • „Darf ich überhaupt existieren?“

tauchen immer wieder insbesondere dann auf, wenn wir auf uns selbst zurückgeworfen werden. Wenn unklar ist, was andere von uns halten – oder auch, wenn wir uns in einer ambivalenten oder unsicheren Beziehung zu uns selbst befinden.

Niemand ist eine Insel, heißt es. Das bezieht sich auch auf das Selbstwertgefühl, dass von Beginn an in und durch die Beziehung zu anderen Menschen (in der Regel unseren Eltern) entstanden ist – und deshalb auch in Beziehung „geheilt“ bzw. „gestärkt“ werden sollte.

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SIND DIE ELTERN SCHULD?

Schuld ist in diesem Zusammenhang ein schwieriger Begriff. Treffender wäre: Verantwortlich, denn die Verantwortung für das Wohlergehen eines Kindes liegt bei den Eltern bzw. Bezugspersonen.

Doch auch wenn die Eltern in der Regel zugleich auch die engsten Bezugspersonen darstellen, bedeutet das nicht, dass ihr Einfluss auf den subjektiven Selbstwert allumfassend und unumkehrbar ist. 

Tatsächlich können bereits einzelne Personen, die wohlmeinend, wertschätzend und unterstützend waren, einen großen und entscheidenden Unterschied machen. Das können Lehrer:innen, Verwandte und/oder Freund:innen gewesen sein.

Vielleicht erinnern Sie sich an so jemanden in Ihrem Leben, dessen oder deren positiver Einfluss Sie nachhaltig geprägt hat?

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ARBEIT AM SELBSTWERTGEFÜHL – MIT UNTERSTÜTZUNG

Gerade, wenn es in Ihrer Vergangenheit niemanden gab, der Sie in der einen oder anderen Weise unterstützt hat, Sie wertschätzend behandelte und Ihnen vermittelte, dass Sie liebenswert seien, kann es notwendig sein, sich professionelle Unterstützung und Begleitung zu suchen. 

Da das Selbstwertgefühl sich auf und in jedem Lebensbereich auswirkt, ist es umso wichtiger, es aufzubauen und zu fördern  – es wirkt sich wie der Steinwurf in einen See aus, der Wellen schlägt:

  • Auf Ihre Beziehung zu sich selbst
  • Auf Ihre Beziehung zu anderen
  • Auf Ihren Beruf bzw. Ihr berufliches Standing
  • Die anderen Bereiche Ihres Lebens, in denen Sie sich bislang schwertaten

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Meine Frage an Sie:

Wie war Ihr Selbstwertgefühl in Ihrer frühen Kindheit ausgeprägt? Wie in Ihrer Jugend? Fühlten Sie sich als Kind gesehen? Durften Sie Bedürfnisse haben?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie sind wertvoll. Ohne Wenn und Aber.

Wenn Sie bei diesem Prozess eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

 

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© 2023 Romy Fischer

Weihnachten ohne Familie: Gelassener durch die Feiertage

Photo by Valentin Petkov on Unsplash
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Weihnachten ohne Familie: Gelassener durch die Feiertage kommen

Wer Weihnachten ohne die Familie verbringt, wird gerne bedauert. Sicher ist man frisch getrennt – oder die Eltern sind bereits verstorben. Dabei kann es viele gute Gründe dafür geben, weshalb man die Feiertage nicht im Kreise der Familie verbringt.

Heute geht es darum, wie es Ihnen gelingt,  gelassener durch die Feiertage zu kommen, ohne sich von vergangenen Erfahrungen zu sehr beeinflussen zu lassen.

 

Photo by lilartsy on Unsplash
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FAMILIENIDYLLE AN WEIHNACHTEN? 

An den Feiertagen konzentriert sich all das, was sich über das Jahr hinweg teils angesammelt, teils aufgetürmt hat: Die Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche und Sehnsüchte werden auf die wenigen Tage im engsten Familienkreis projiziert. Treffen diese dann auf die Realität, sind Enttäuschung, Frust und Ärger geradezu vorprogrammiert. 

So gut wie niemandem gelingt es, sich gänzlich von Erwartungen an andere zu befreien. Wir alle haben Wünsche, die teilweise berechtigt und teilweise unberechtigt sind. Jedoch ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass es sich dabei lediglich um Wünsche handelt – unsere Mitmenschen sind nicht dazu verpflichtet, sie uns zu erfüllen. Selbst unsere eigene Familie ist das nicht. 

Das heißt keineswegs, dass Sie alle Erwartungen über Bord werfen sollten, um gar nicht erst Gefahr zu laufen, enttäuscht zu werden. Vielmehr bedeutet es, dass es an der Zeit ist zu prüfen, ob und inwieweit sich Ihre Wünsche in Wahreheit auf eine längst vergangene Zeit beziehen: Ihre Kindheit und/oder Jugend.

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WEIHNACHTEN IM KREISE DER FAMILIE

Wenn Sie sich an vergangene Weihnachtsfeste zurückerinnern, mit welchen Gefühlen sehen Sie sich konfrontiert? Freude, Dankbarkeit, Nostalgie, Wehmut und/oder Bitterkeit?

Viele Menschen tendieren dazu, die Vergangenheit verklärter zu erinnern, als sie zum jeweiligen Zeitpunkt stattgefunden hat. Gerade in Gesprächen mit anderen Familienmitgliedern werden dieselben – oft vermeintlich „schönen“ und/oder „lustigen“ – Familiengeschichten bzw. -anekdoten geradezu gebetsmühlenartig wiederholt.

Es wird zum Ritual, vergangene Feste in der Erinnerung aufleben zu lassen, als ob man sich immer wieder aufs Neue vergewissern wollte, dass die Vergangenheit sich tatsächlich so heiter, gesellig und friedlich abgespielt hat, wie es die Erzählungen vermuten lassen.

Ganz oft war dies allerdings nicht der Fall, ganz im Gegenteil.

Photo by 🇻🇪 Jose G. Ortega Castro 🇲🇽 on Unsplash
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DYSFUNKTIONALE KOMMUNIKATION IN DER FAMILIE

Leider ist es noch immer nicht bis in alle Familien vorgedrungen, wie wichtig gesunde Kommunikation ist. So wichtig die Inhalte eines Gespräches sind, mindestens ebenso wichtig ist es, die Art und Weise zu beachten, wie diese Inhalte geäußert werden.

Dann wird über den alkoholisierten Onkel gescherzt, der im Laufe des Abends immer anhänglicher wurde, die Figur bzw. die Kleidung der Anwesenden kommentiert und/oder das Festessen mit mehrdeutigen Komplimenten versehen – häufig begleitet von einem Augenzwinkern oder einem verbalen „Du weißt doch, wie ich das meine.“

Grundsätzlich ist zunächst einmal nichts Schlechtes daran, sich an die Vergangenheit zu erinnern. Problematisch wird es erst, wenn das Wiederkäuen der Vergangenheit zu schmerzhaften Gefühlen in der Gegenwart führt. Wenn eine Frau oder ein Mann wiederholt auf ihr Äußeres, die Familienplanung und/oder die berufliche Stellung angesprochen werden – oft in Kombination mit einer (ab)wertenden Haltung – dann handelt es sich hierbei nicht mehr um familiäre Frotzeleien, sondern um eine Grenzüberschreitung, die durch ihre jährliche Wiederholung vermeintlich legitimiert wird. 

Wird diese Grenzüberschreitung beim Namen benannt, verwandelt man sich in den Augen der Familie sogleich in einen bzw. eine sogenannte Nestbeschmutzerin. Denn schließlich sollte man sich doch wenigstens über die Feiertage doch zusammenreißen können – so lautet häufig das unausgesprochene Familiencredo.

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GRENZEN: WAHRNEHMEN, SETZEN UND KOMMUNIZIEREN

Wenn Sie sich dafür entscheiden, die Feiertage mit Ihrer Familie zu verbringen, kann es deshalb sinnvoll sein, dass Ihre eigenen Grenzen setzen und kommunizieren. Doch zuvor müssen Sie sich selbst darüber im Klaren sein, wann und in welchen Situationen eine Grenzüberschreitung für Sie beginnt. Das kann je nach Geschlecht, Alter und Lebenssituation ganz unterschiedlich aussehen.

Eine ungewollt kinderlose Frau möchte womöglich nicht auf die Familienplanung angesprochen werden – und schon gar keine Scherze über die Kinderlosigkeit hören. Jemand, dessen Vertrag erneut befristet wurde und/oder der bzw. die gerade seine Stelle verloren hat, hingegen möchte nicht auf die berufliche Situation angesprochen werden. Sie ahnen bereits, dass es viele Themenbereiche geben kann, die ein Minenfeld für alle Beteiligten darstellen können. 

Zunächst einmal geht es darum, dass Sie für sich selbst sondieren, welches Thema zum gegenwärtigen Zeitpunkt für Sie ein „Tabu“-Thema darstellt. Das Bewusstsein dafür hilft Ihnen dabei, klar(er) zu kommunizieren, worüber Sie nicht mit Ihrer Familie sprechen möchten. Je klarer Sie in Ihrer eigenen Haltung sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Ihre Familie Ihren Wunsch respektiert.

Photo by Isaiah Rustad on Unsplash
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FORMULIERUNGSHILFEN: GRENZEN KOMMUNIZIEREN

Wenn Sie sich entschieden haben, die Feiertage mit Ihrer Familie zu verbringen, können Sie mithilfe der folgenden Beispielformulierungen Ihre Grenzen kommunizieren.

Themen abwehren und ein anderes Gesprächsthema vorschlagen bzw. das Thema umlenken:

  • „Liebe X, lieber Y, ich möchte nicht über Thema Z sprechen. (Danke für euer Verständnis.)“
  • „Ehrlich gesagt möchte ich darüber nicht sprechen. Möchte noch jemand von Gericht A probieren?“
  • „Ich finde nicht, dass das ein gutes Gesprächsthema ist. Wollen wir lieber über Thema B sprechen?“

Gespräch beenden und Situation verlassen:

  • „Du, wenn du weiter über Thema A sprechen möchtest, beende ich das Gespräch.“
  • „Ich sagte bereits, dass ich nicht über Thema B sprechen werde. Wenn du darauf beharrst, werde ich gehen.“
  • „Es ist schade, aber ich hatte bereits gesagt, dass ich nicht über Thema A sprechen möchte. Ich werde mich dann jetzt verabschieden.“

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WEIHNACHTEN OHNE FAMILIE: ZEIT FÜR EIGENE TRADITIONEN

Es ist an der Zeit, eigene Traditionen zu begründen. Das kann das bewusste Loslassen alter Traditionen bedeuten, weil man ihnen entweder entwachsen ist, sie ohnehin nie besonders mochte oder auch einfach nur seine eigene Vorstellung einer erholsamen Weihnachtszeit umsetzen möchte.

Das kann auch bedeuten, Weihnachten überhaupt nicht zu feiern, es alleine zu verbringen oder mit Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin und/oder Ihrem Freundeskreis.

Als erwachsener Mensch haben Sie die Freiheit, Ihre eigenes Leben zu gestalten – das bezieht sich auch die Dauer bzw. die Art und Weise, wie Sie den Kontakt zu Ihrer Herkunftsfamilie über die Feiertage gestalten.

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Meine Frage an Sie:

Mit welchen Gefühlen erinnern Sie sich an die Feiertage in Ihrer Kindheit und Jugend? Gab es auch Raum für Negatives? Wie wurden Konflikte gelöst?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie bestimmen, wie Sie die Feiertage verbringen möchten.
  • Sie dürfen alte Traditionen ablegen.
  • Es ist nicht Ihre Aufgabe, es allen recht zu machen.
  • Sie dürfen Ihre Grenzen kommunizieren und wahren.

Wenn Sie bei diesem Prozess eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

 

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Dysfunktionale Familien: Die Rolle des Sündenbocks

Photo by Jose Francisco Morales on Unsplash
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Dysfunktionale Familien: Die Rolle des Sündenbocks

Warum bin ich immer an allem schuld? Wieso behandeln meine Eltern meine Geschwister besser als mich? Mit solchen und ähnlichen Fragen quälen sich viele Kinder, Jugendliche und selbst noch Erwachsene. Wie es dazu kommt, das in beinahe jeder Familie ein Mitglied der Familie zum Sündenbock bzw. schwarzen Schaf gemacht wird, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Heute stelle ich Ihnen den fünften Teil der mehrteiligen Serie „Familienrollen – Wenn die Rolle in der Familie zum Gefängnis wird“ vor, die Ihnen dabei helfen können, sich selbst, die Beziehung zu Ihren Bezugspersonen sowie Ihre Kindheit bzw. Jugend besser zu verstehen.

WER IST DER SÜNDENBOCK BZW. DAS SCHWARZE SCHAF?

Der Sündenbock bzw. das schwarze Schaf in einer Familie ist eine der undankbarsten Rollen, die ein Kind einnehmen kann bzw. die ihm zugewiesen wird. Sündenböcke dienen häufig als Blitzableiter und werden als Verursacher:innen von Unglück, Streitereien und/oder Pech in der Familie betrachtet.

Auf ihnen lastet die Verantwortung für das Wohlergehen der gesamten Familie, in extremen Fällen sogar der gesamten Verwandtschaft. Sie werden als andersartig wahrgenommen, stechen zumeist negativ heraus und bereiten der Familie aus elterlicher Sicht vor allem eines: Kummer, Sorgen – und Ärger. 

Photo by K. Mitch Hodge on Unsplash
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AUF DER SUCHE NACH EINEM BZW. EINER SCHULDIGEN

Die Rolle des Sündenbocks bzw. des schwarzen Schafs ist eine tragische Rolle. Das Kind, auf dem diese Rolle lastet, leidet in mehrfacher Hinsicht. Und das Schlimmste: Es kann nichts richtig machen.

Schon früh lernt es, dass es keine Rolle spielt, wie es sich verhält, was es tut oder nicht tut – ihm wird von seinen Bezugspersonen bzw. Eltern grundsätzlich die Schuld und Verantwortung für jedes Missgeschick und jede unschöne Situation aufgeladen. Im Grunde genommen kann es nichts richtig machen, ganz gleich, wie sehr es sich auch anstrengen mag. Vermeintliche Schuld haftet an ihm wie eine zweite Haut, aus der es sich nicht befreien kann.

Ob es sich um elterliche Konflikte, geschwisterliche Auseinandersetzungen oder Ereignisse außerhalb der Familie handelt, das Kind, das sich in der Rolle des Sündenbocks befindet, wird (meist unbewusst) zum bzw. zur Mitschuldigen und/oder sogar Verantwortlichen gemacht.

Photo by Timon Studler on Unsplash
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AUßENSEITER UND AUßENSEITERIN IN DER EIGENEN FAMILIE

Familie ist nicht immer der Ort, an dem Kinder geborgen und sicher aufwachsen können. Kinder, die als Sündenböcke bzw. schwarze Schafe aufwachsen, bekommen das sehr deutlich am eigenen Leib zu spüren.

Kinder fragen sich verzweifelt immer wieder nach dem Warum.

Warum gerade ich? Warum mag meine Familie mich nicht? Was habe ich falsch gemacht? Was ist so falsch an mir?

Zu Beginn realisiert das Kind nicht, dass es völlig unerheblich ist, was es tut oder nicht tut. Immer wieder probiert es ein neues Verhalten aus, um eine andere Reaktion seiner Bezugspersonen bzw. Eltern hervorzurufen – und scheitert dabei jedoch jedes Mal aufs Neue. Denn das Problem liegt in der Regel nicht beim Kind.

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GRÜNDE, WARUM MAN ZUM SÜNDENBOCK (GEMACHT) WIRD

Die Gründe dafür, dass ein Kind in der Familie zum Sündenbock gemacht wird, sind vielfältig – ihre Gemeinsamkeit besteht meist darin, dass das Kind durch diese Rolle das (dysfunktionale) Familiensystem weiterhin aufrechterhält, indem es für die negativen Spannungen, Emotionen und Konflikte verantwortlich gemacht wird.

Das kann bereits dadurch entstehen, dass das Kind wenig Gemeinsamkeiten mit seinen Eltern aufweist – angefangen von äußerlichen Erscheinungsmerkmalen bis hin zu Persönlichkeitsmerkmalen. Es kann auch sein, dass das Kind den Erwartungen an das kindliche Verhalten nicht gerecht wird (oder gerecht werden kann), indem die Eltern ein relativ rigides Verhalten einfordern: Abweichungen von der familiären Norm werden dann als bedrohlich empfunden und ihrerseits von den Eltern abgelehnt und abgewehrt. Das wiederum führt im kindlichen Erleben zur Ablehnung des Kindes selbst.

Weitere Gründe bestehen darin, dass Eltern sich ihre eigene Überforderung nicht eingestehen können oder wollen, ihre Hilf- und Ratlosigkeit sowie die Aufdeckung eigener Fehler um jeden Preis verhindern wollen. Deshalb benutzen sie das Kind als Projektionsfläche ihrer eigenen Unzulänglichkeiten.

Auf diese Weise wird paradoxerweise das Familiensystem aufrechterhalten: Die Familie klammert sich an die Rollenzuschreibungen und gleichzeitig erhält sie sich über diese aufrecht.

Aus welchen Gründen die Zuschreibung als Sündenbock und/oder schwarzes Schaf der Familie letztendlich auch erfolgt, die Folgen für das Kind und seine Entwicklung sind fatal. Ausgrenzung, Herabsetzung, Verweigerung von Zuwendung und/oder Beschuldigung hinterlassen ihre Spuren und prägen das kindliche Selbstbild massiv.

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DIE GESCHWISTER DES SÜNDENBOCKS

Oft erfolgt innerhalb der Familie eine Aufteilung zwischen den Geschwistern, die sich zwischenzeitlich verändern kann, sich langfristig jedoch durchsetzt: 

Ein Kind wird zum weißen, eines zum schwarzen Schaf. Und auch wenn es das weiße Schaf vermeintlich leichter hat, spürt auch dieses Kind die Erwartungen und den elterlichen Druck, nicht aus seiner Rolle zu fallen.

Zwischen den Geschwistern, die sich auf diese Weise wie zwei Pole diametral gegenüberstehen, entsteht allmählich Zwietracht, Neid, zunehmende Rivalität und/oder sogar Hassgefühle. Die elterliche Ungleichbehandlung, die einzig auf der Rollenzuweisung beruht, befeuert diese negative Entwicklung. Nicht selten dauert dieser Konflikt auch lange nach dem Auszug aus dem Elternhaus an, denn die erlebte Benachteiligung, Ausgrenzung und permanente Beschuldigung hinterlassen tiefe Spuren im emotionalen Gedächtnis.

Häufig brechen die ehemaligen Sündenböcke den Kontakt zur Familie gänzlich ab – auch und gerade zu den als bevorzugten und geliebter empfundenen Geschwistern. 

Photo by Annie Spratt on Unsplash (4)
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FOLGEN FÜR DIE KINDER

Kinder, denen die Rolle des Sündenbocks bzw. des schwarzen Schafes zugeteilt wurde, tragen langfristige Schäden davon. Insbesondere ihr Selbstbild und die Eigenwahrnehmung leiden darunter, zum Prellbock und zum bzw. zur Schuldigen gemacht worden zu sein.

Sie neigen im Laufe des Lebens u. a. zu folgenden Verhaltensweisen:

  • Sie suchen aus Prinzip die Schuld bei sich: Unabhängig davon, ob es um die Beziehung zu anderen Menschen geht – oder um mögliche Fehler. 
  • Sie vermeiden es, anderen Menschen ihr Vertrauen zu schenken, denn erneute Verletzungen und Enttäuschungen ertragen sie nicht (mehr).
  • Sie stehen unter dem permanenten Druck, sich und ihren Wert beweisen zu müssen – dass jemand sie einfach so mögen könnte, halten sie für undenkbar.
  • Sie ertragen es nicht, für etwas verantwortlich zu sein und lehnen daher oftmals von vorneherein jegliche Verantwortung ab. Beruflich bleiben sie hinter ihren Möglichkeiten zurück, privat verstricken sie ihre Mitmenschen in Situationen, wie sie sie bereits aus ihrer Kindheit kennen.
  • Sie tragen die tiefe Überzeugung in sich, im Kern ihres Wesens nicht liebenswert zu sein, nichts Gutes zu verdienen und mit Respektlosigkeit behandelt werden zu dürfen.
  • Entweder klammern sie sich krampfhaft an ihre Beziehung und tun alles dafür, dass sie nicht verlassen werden – oder sie vermeiden es, jemanden in ihr Leben zu lassen bzw. halten selbst ihre:n Partner:in auf sicherem Abstand.

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WAS SIE TUN KÖNNEN, UM VERGANGENEN SCHMERZ ZU VERARBEITEN UND LOSZULASSEN

Was können Sie tun, wenn Sie in Ihrer Familie der Sündenbock bzw. das schwarze Schaf waren?

Das Wichtigste vorab: Es ist niemals die Schuld des Kindes, wenn Bezugspersonen bzw. Eltern ihre Unzulänglichkeiten auf dem Rücken ihrer Kinder austragen. Niemals.

Die Gefühle von Unzulänglichkeit, Ungeliebtsein und/oder die tiefsitzende Überzeugung, falsch zu sein, müssen zunächst einmal erkannt und vor allem anerkannt werden. Einfach so zu tun, als ob das alles nie geschehen sei, ist wenig hilfreich. Ebenso wenig hilft es, Ressentiments zu haben, Hassgefühle zu entwickeln oder der Verbitterung anheimzufallen. Das wäre ungefähr so funktional, als ob man selbst Gift tränke und hoffte, ein anderer würde daran zugrunde gehen.

Stattdessen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, mit der Vergangenheit allmählich abzuschließen und womöglich sogar Frieden machen zu können. Nicht etwa, um das Erlebte einfach so hinzunehmen und/oder sogar als akzeptabel anzusehen – ganz im Gegenteil. Der Fokus liegt hier auf Ihnen selbst. Darauf, dass es Ihnen in Zukunft besser geht und ergeht, trotz der Dinge, die Sie erlebt und erfahren haben.

VERARBEITUNG IN 5 SCHRITTEN

Schritt 1:  Das erlittene Unrecht benennen.

Schreiben oder nehmen Sie alles an Ungerechtigkeiten auf, die Sie erlebt haben. All das, was Ihnen fehlte und/oder Ihnen nicht gewährt wurde.

Wenn das Erlebte Sie jedoch zu stark belastet und auch Ihren Alltag beeinträchtigt, sollten Sie diesen Schritt im Rahmen einer psychologischen Beratung (oder sogar Psychotherapie) tun, um stabilisierende Methoden zu erlernen.

Schritt 2:  Das erlittene Unrecht anerkennen.

Es war nicht fair oder gerecht. Es war nicht einmal ansatzweise in Ordnung. Wie man Sie behandelt hat, hatten Sie nicht verdient – und verdienen es auch heute nicht. Ihnen wurde zugemutet, was Ihre Bezugspersonen bzw. Eltern selbst nicht leisten konnten. Sie trugen die Last anstelle Ihrer Eltern. 

Das war nicht richtig.

Schritt 3:  Das Unrecht und seine Folgen betrauern.

Zu benennen, was in der Vergangenheit passiert ist, führt oftmals zu schmerzhaften Gefühlen – Gefühlen des Verlustes, Gefühlen der Wut und der Trauer. Manchmal keimen sogar Hassgefühle auf. Ihre Gefühle sind berechtigt, denn diese machen Sie zum einen darauf aufmerksam, was Ihnen widerfahren ist und zum anderen helfen sie dabei, den Schmerz zu akzeptieren und zu verarbeiten. 

Der Trauerprozess verläuft nicht geradlinig, sondern in Wellen bzw. Phasen, mit Höhen und Tiefen. Und er benötigt Zeit.

Schritt 4:  Ihre Einzigartigkeit anerkennen.

Es mag sein, dass Sie sich in irgendeiner Form von den übrigen Mitgliedern Ihrer Familie unterschieden – äußerlich und/oder innerlich. Das jedoch rechtfertigt nicht, was Sie erlebt haben. Es wäre vielmehr die Aufgabe Ihrer Eltern gewesen, an sich zu arbeiten, statt ihre Unzulänglichkeiten und Hilflosigkeit auf Sie zu projizieren.

So, wie Sie sind, sind Sie völlig einzigartig. Leider war es Ihren Eltern nicht möglich, mit dieser Einzigartigkeit (gut) umgehen zu können. Vielleicht hätte Ihre Familie Unterstützung gebraucht, um einen besseren Umgang finden zu können. Vielleicht hatten Sie aber auch einfach nicht die Eltern, die Sie gebraucht hätten. 

Es geht hierbei nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, sich selbst zu würdigen, mit allem, was da ist. Sie sind einzigartig.

Schritt 5:  Ihre Schwächen akzeptieren und Ihre Stärken würdigen.

Jedes Lebewesen kommt mit einem bestimmten Potenzial auf diese Welt. Nicht jedes Potenzial wird ausgeschöpft, nicht jedes Talent genutzt.

Jeder Mensch verfügt über Schattenseiten, unangenehme Eigenschaften und/oder verhält sich gelegentlich falsch. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie als Mensch falsch sind. Es bedeutet auch nicht, dass Sie schlecht sind.

Jeder von uns hat bestimmte Schwächen, aber auch bestimmte Stärken. Machen Sie sich beide bewusst. Akzeptieren Sie das, worin Sie (noch) nicht gut sind – und würdigen Sie das, worin Sie glänzen. Als Menschen sind wir von Perfektion und Vollkommenheit fasziniert, aber sie sind nicht der Maßstab für unseren Wert.

Ihr Wert als Mensch ist bereits dadurch gegeben, dass es Sie gibt.

Dieser gesamte Prozess muss oft mehrmals durchlaufen werden – und je schwieriger Ihre Erfahrungen waren, umso wichtiger ist es, dass Sie sich dafür gute und vertrauenswürdige Unterstützung suchen.

Photo by Mercedes Bosquet on Unsplash
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Meine Frage an Sie:

Wie haben Sie gemerkt, dass Sie der Sündenbock bzw. das schwarze Schaf der Familie waren (oder sogar noch sind)? Wie hat sich das auf Ihr Verhältnis zu Ihren Eltern und/oder Geschwistern ausgewirkt?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Die Zuschreibung Ihrer Eltern definiert nicht, wer und wie Sie sind.
  • Sie tragen keine Schuld für die Fehler und Unzulänglichkeiten Ihrer Eltern. 
  • Sie dürfen selbst entscheiden, wie Sie leben wollen.
  • Sie sind einzigartig auf diesem Planeten.
  • Ihre Wünsche und Ziele müssen nicht mit denen Ihrer Eltern übereinstimmen.
  • Sie haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, das Sie nach Ihren Vorstellungen gestalten.
  • Sie sind kein Fehler, kein Unglück und auch kein Irrtum.
  • Sie dürfen sich selbst wertschätzen, respektieren und lieben, denn Ihr Wert bemisst sich nicht an Ihren Leistungen, Ihrem Aussehen und/oder den Zuschreibungen anderer.

Wenn Sie bei diesem Prozess eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

 

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© 2023 Romy Fischer

Dysfunktionale Familien: Das Kind als Partner-Ersatz

Photo by Daiga Ellaby on Unsplash
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Dysfunktionale Familien: Das Kind als Partner-Ersatz

Wann wird ein Kind zum Partnerersatz? Was ist Parentifizierung? Und wie kommt es zur Rollenumkehr zwischen Eltern und Kind?

Wenn Kinder zum Ersatz für die Partnerin oder den Partner werden, hat das weitreichende Folgen für ihre Entwicklung.

Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit diesem wichtigen Thema. Er zeigt auf, wie diese innerfamiliäre Rollenumkehr aussehen kann und wie Sie erkennen können, ob Sie davon betroffen sind.

Heute stelle ich Ihnen den vierten Teil der mehrteiligen Serie „Familienrollen – Wenn die Rolle in der Familie zum Gefängnis wird“ vor, die Ihnen dabei helfen können, sich selbst, die Beziehung zu Ihren Bezugspersonen sowie Ihre Kindheit bzw. Jugend besser zu verstehen.

WAS IST EIN PARTNER-ERSATZ?

Kinder, die zum Ersatz des bzw. der Partnerin eines Elternteils werden, erfüllen mehrere Funktionen in der Familie. Anstelle eines gleichberechtigten Partners auf Augenhöhe wird dem Kind die Bürde auferlegt, emotional – und unter Umständen sogar körperlich – für den verbliebenen Elternteil zu sorgen. Dabei findet eine sogenannte „Rollenumkehr“ statt, die missbräuchliche Züge aufweist und im Extremfall eindeutig als Missbrauch zu bezeichnen ist.

In jedem Fall aber handelt es sich um eine höchst ungesunde Form der Eltern-Kind-Beziehung, die dem Kind zugemutet wird.

Photo by Luise and Nic on Unsplash
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WIE WIRD EIN KIND ZUM PARTNER-ERSATZ?

Zum Ersatz des Partners bzw. Partnerin wird ein Kind häufig dann, wenn die Beziehung der Eltern zueinander endet. Das kann beispielsweise durch eine Trennung bzw. Scheidung der Fall sein.

Ebenso kann ein Kind zum Partnerersatz werden, wenn einer – im Extremfall sogar beide – Elternteile sich emotional und/oder körperlich von ihrer Partner:in im Stich gelassen fühlen. In diesem Fall ist die Beziehung der Eltern zwar nach außen hin noch vorhanden, innerlich jedoch haben sich die Elternteile voneinander losgesagt, ohne ihre Trennung offiziell zu machen. Dieser ambivalente Zustand zwischen den Eltern wiederum verstärkt das Risiko der Rollenumkehr, je länger er andauert.

Photo by Jess Zoerb on Unsplash
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ENGE ELTERN-KIND-BEZIEHUNGODER BEREITS MASSIVE GRENZÜBERSCHREITUNG?

In der mildesten Form dient das Kind als Ratgeber:in, Tröster:in und/oder Seelsorger:in für die Eltern, in der massivsten Form kann es zu emotionalen und/oder körperlichen Grenzüberschreitungen und zu Missbrauch im strafrechtlichen Sinn kommen.

Das Tragische dabei ist, dass zum einen die Beziehung zwischen Kind und Bezugsperson von außen fälschlicherweise als besonders und innig angesehen wird – und zum anderen das Kind zwar die Bevorzugung bis zu einem gewissen Grad zu genießen scheint, dabei aber Gefahr läuft, Grenzüberschreitungen eher zu dulden und/oder über sich ergehen zu lassen, um die Zuneigung seiner Bezugsperson nicht aufs Spiel zu setzen.

Dabei verliert das Kind nach und nach das Gefühl für seine eigenen (Körper-) Grenzen bzw. ist nicht (mehr) in der Lage, diese nach außen hin zu kommunizieren. 

Photo by Annie Spratt on Unsplash (4)
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FOLGEN FÜR DIE KINDER

Kinder tun alles Erdenkliche, um die Zuneigung und Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen zu erhalten und zu sichern, selbst wenn das bedeutet, dass sie ihre eigenen Grenzen aufgeben müssen. Je kleiner und jünger sie sind, desto größer ist naturgemäß die Abhängigkeit zu ihren Eltern und damit zugleich auch das Bestreben, die elterliche Zuwendung um jeden Preis aufrechtzuerhalten.

Ihr Vertrauen in die elterliche Fürsorge und Sicherheit gerät massiv ins Wanken, wenn das Kind in der Familie von einer Sekunde auf die andere die Rolle eines bzw. einer Erwachsenen übernehmen muss.

Als Erwachsene steigt bei dieser fatalen Rollenumkehr für sie das Risiko, in ähnliche Beziehungsstrukturen zu geraten und Opfer von grenzüberschreitenden Partner:innen zu werden. 

Es besteht jedoch auch das Risiko, dass sie umgekehrt Beziehungen suchen, in denen sie zu Täter:innen werden und die Grenzen ihrer Partner bzw. Partnerin bedrohen.

Photo by David Griffiths on Unsplash
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ES IST NIEMALS DIE AUFGABE DES KINDES, DIE BEDÜRFNISSE SEINER ELTERN ZU BEFRIEDIGEN

Es ist einzig und alleine die Aufgabe der Eltern, sich um ihr Kind zu kümmern, es zu versorgen und ihm die Unterstützung zukommen zu lassen, die es benötigt, um zu einem bzw. einer emotional und körperlich gesunden jungen Erwachsenen heranzureifen.

Keineswegs jedoch dürfen Eltern diese Aufgabe an ihre Kinder abwälzen und versuchen, ihre Bedürfnisse mithilfe und/oder durch das Kind zu befriedigen.

Die Realität sieht jedoch häufig anders aus. Oftmals sind die Eltern selbst mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert. Sie sind aufgrund eigener Vorerfahrungen oft nicht in der Lage, Konflikte in ihrer Beziehung adäquat zu lösen und flexibel auf neue Herausforderungen im Leben zu reagieren. Je nach Persönlichkeitsstruktur wird dem Kind dann – oftmals stillschweigend – die Aufgabe zugesprochen, für das Wohlbefinden des Elternteils zu sorgen. 

Auf emotionaler Ebene kann das bedeuten, die Stimmungen und Launen abzufedern bzw. umzulenken, stets wie auf Eierschalen zu laufen und ständig in Habachtstellung zu sein. Es kann aber auch dazu führen, dass das Kind die emotionale Last der Eltern schultern muss, indem es für konkrete Lösungen in bestimmten Situationen herangezogen wird, die seine eigene emotionale und geistige Reife übersteigen.

Photo by Jose Aragones on Unsplash
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PARENTIFIZIERUNG: BIN ICH DAVON BETROFFEN

Wenn Sie sich nun fragen, ob Sie betroffen sind, indem Sie in Ihrer Kindheit für Ihre Eltern sorgen mussten, können Ihnen folgende Anhaltspunkte bei der Beantwortung Ihrer Frage weiterhelfen:

    • Wichtige Entscheidungen wurden wiederholt mit Ihnen anstelle mit Ihrem Vater und/oder Ihrer Mutter besprochen und getroffen.
    • Sie lernten bereits früh die Sorgen und Ängste Ihrer Eltern kennen und versuchten, diese so gut es ging zu reduzieren bzw. Ihre Eltern nach Möglichkeit zu entlasten.
    • Sie wurden in jungen Jahren in Familiengeheimnisse eingeweiht, die Sie gegenüber Ihren Freundinnen und Freunden, der Schule und anderen Außenstehenden bewahren mussten.
    • Sie waren als ältestes Kind in der Familie für die Betreuung, Versorgung und/oder schulischen Belange Ihrer jüngeren Geschwister verantwortlich.
    • Ihre Eltern konfrontierten Sie früh mit Themen und/oder Problemen in ihrer eigenen Beziehung, die nicht kindgerecht waren, wie etwa Sexualität, Machtverhältnisse und/oder finanzielle Sorgen.
    • Im Vergleich zu Ihren gleichaltrigen Freundinnen und Freunden trugen Sie deutlich mehr Verantwortung.
    • Sie hörten häufig Äußerungen wie „Was würde ich nur ohne dich machen!“ – „Auf dich kann ich mich verlassen!“ – „Zum Glück bist du nicht wie dein Vater/deine Mutter!“ – „Du bist doch der/die Älteste, also musst du …“ – „Es ist deine Schuld, wenn wir streiten/ich schlecht gelaunt bin.“ – „Nur du verstehst, wie es mir wirklich geht.“ – „Ich zähle auf dich, also enttäusche mich nicht.“

Photo by Pavan Trikutam on Unsplash
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WIE GEHE ICH HEUTE DAMIT UM?

Wenn Sie realisiert haben, dass Ihre Eltern nicht in der Lage waren, angemessen für Sie zu sorgen und ihren elterlichen Pflichten nachzukommen, kann das zunächst einmal eine sehr schmerzhafte Erkenntnis sein. 

Unter Umständen geht es darum, eine verlorene Kindheit zu betrauern, wenn Sie bemerken, dass es Ihren Eltern im Rahmen ihrer Fähigkeiten nicht möglich war, für Sie so zu sorgen, wie Sie es als Kind gebraucht hätten.

Sie dürfen jederzeit … 

  • … für sich selbst ein guter Elternteil sein, indem Sie sich so behandeln, wie Sie es sich in einer bestimmten Situation gewünscht hätten.
  • äußere und innere Grenzen setzen. Ihr Körper und Ihre Gedanken gehören Ihnen allein.
  • Nein sagen. Und zwar ohne jede Begründung.
  • … eine Beziehung beenden. Unabhängig davon, was Ihr:e Partner:in dazu sagt.
  • … auf Ihre Bedürfnisse achten und sie erfüllen. Denn das kann Ihnen niemand abnehmen – und nur Sie können wirklich einschätzen, was Ihnen langfristig guttut.
  • … um Hilfe bitten. Dabei dürfen Sie durchaus das Risiko eingehen, dass die Bitte abgelehnt wird.
  • gut für sich sorgen. Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind wichtig für Ihr inneres Gleichgewicht.
  • … einen kritischen Blick in die Vergangenheit werfen, aber darüber nicht vergessen, in der Gegenwart und Zukunft eigenverantwortlich zu leben.

Was in der Vergangenheit geschehen ist, ist geschehen und lässt sich auch nicht rückgängig machen. Was Sie heute jedoch tun können, um zufriedener und glücklicher leben zu können: Seien Sie für sich selbst der gute Elternteil, den Sie damals gebraucht hätten.

Photo by Mercedes Bosquet on Unsplash
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Meine Frage an Sie:

Mussten Sie als Kind Ihre Eltern emotional und/oder sogar körperlich umsorgen? Durften Sie einfach Kind sein?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie, unterstützende und liebevolle Kindheit, in der sie Kind sein dürfen.
  • Sie sind weder Eigentum noch verlängertes Selbst ihrer Eltern bzw. Bezugspersonen.
  • Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl, wenn Sie in heutigen Beziehungen das Gefühl haben, dass Ihre Grenzen nicht respektiert werden und/oder Sie für die Belange anderer instrumentalisiert werden sollen.

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© 2023 Romy Fischer

Dysfunktionale Familien: Die Rolle des Vorzeige-Kindes

Photo by Caroline Hernandez on Unsplash
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Dysfunktionale Familien: Die Rolle des Vorzeige-Kindes

Warum sind Vorzeige-Kinder häufig unglücklich? Sie sind exzellente Schüler:innen, gelten häufig als Vorbild für andere, erbringen oftmals Höchstleistungen und geben ihren Bezugspersonen selten Anlass zur Sorge. Weshalb also neigen sie dazu, unglücklicher zu sein als andere Kinder?

Heute stelle ich Ihnen den dritten Teil der mehrteiligen Serie „Familienrollen – Wenn die Rolle in der Familie zum Gefängnis wird“ vor, die Ihnen dabei helfen können, sich selbst, die Beziehung zu Ihren Bezugspersonen sowie Ihre Kindheit bzw. Jugend besser zu verstehen.

WER SIND DIESE VORZEIGE-KINDER?

Vorzeigekinder sind das vermeintlich gelungene Ergebnis einer erfolgreichen Erziehung. Sie gelten als Vorbilder und/oder Musterkinder, die man gerne in den Mittelpunkt stellt. Sie erfüllen ihre Eltern mit Stolz und werfen durch ihr untadeliges Verhalten, ihre soziale Kompetenz und/oder ihre exzellente Noten ein positives Licht auf ihre Eltern.

Doch wie so häufig ist der Preis auch für dieses gezeigte Verhalten hoch – und es sind die Kinder, die ihn bezahlen müssen.

Photo by Eugenia Maximova on Unsplash
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DAS VORZEIGE-KIND: DER GEWINNER DER FAMILIENROLLEN?

Vorzeigekinder haben es im Vergleich mit anderen familiären Rollen vermeintlich gut getroffen: Ihre Eltern loben sie oft über den grünen Klee und stellen ihre Person regelmäßig als leuchtendes Beispiel hin. Die Eltern lassen kaum eine Gelegenheit ungenutzt, um die Vorzüge und herausragenden Leistungen ihrer Sprösslinge hervorzuheben. Oft und gerade auch im Vergleich mit vermeintlich weniger Begabten und/oder Schwächeren.

Meist legen die Eltern ebenfalls großen Wert auf die intensive Förderung ihres Nachwuchses: Sie investieren viel Zeit und Geld und scheuen keine Mühe, um ihren Kindern den Platz zu sichern, der ihnen nach elterlicher Meinung rechtmäßig zusteht. 

Worin besteht also dann überhaupt das Problem?

Photo by Aaron Burden on Unsplash (2)
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HINTER DER FASSADE: EINSAM UND UNGLÜCKLICH

Bin ich gut genug? Ist meine Leistung ausreichend? Was passiert, wenn ich einmal versage? Haben meine Eltern mich dann noch lieb?

Mit solchen und ähnlichen Fragen quälen sich viele Vorzeigekinder, insbesondere dann, wenn sie entweder noch nie gescheitert sind – oder aber bereits einmal erfahren haben, welche tiefe Enttäuschung sie ihren Eltern dadurch bereitet haben.

Diese kindlichen Ängste werden zusätzlich dadurch befeuert, dass Eltern eine gewisse Erwartungshaltung ihren Kindern gegenüber an den Tag legen: Hervorragende Leistungen sind der Standard, kleinste Abweichungen davon führen zu Irritationen und Druck.

Wenn die sehr gute Leistung erst einmal zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dann reagieren Eltern häufig mit wenig Verständnis auf ein schlechteres Ergebnis. Selbst wenn dieses Missfallen nicht verbal ausgedrückt wird, haben Kinder feine Antennen dafür, wie ihre Eltern mit ihnen umgehen. Eine Änderung im Umgang bleibt daher keineswegs unbemerkt, vielmehr ist das Gegenteil der Fall.

Photo by Kelly-Ann Tan on Unsplash
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STRESS, DRUCK UND ÜBERFORDERUNG DURCH DIE ERWARTUNGEN DER BEZUGSPERSONEN

Kinder sind in ihrer Wahrnehmung wesentlich sensibler, als wir gemeinhin annehmen. Sie bemerken in der Regel sehr schnell, ob sie so angenommen werden, wie sie sind – oder so, wie sie sein sollen bzw. wie es von ihnen erwartet wird. 

Je jünger sie sind, desto mehr streben Kinder danach, ihren Bezugspersonen bzw. Eltern zu gefallen, denn davon hängt schließlich ihr Überleben ab. Elterliche Zuwendung ist in diesen frühen Jahren buchstäblich überlebensnotwendig.

Um den elterlichen Erwartungen zu genügen, müssen sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse teilweise verleugnen, teilweise die Bedürfnisse der Eltern zu ihren eigenen machen. Die Kinder verbiegen sich, ihre Interessen und ihre Persönlichkeit so weit, dass sie am Ende schließlich selbst nicht mehr wissen, wo sie aufhören und ihre Eltern beginnen. 

Oftmals lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, ob es etwa dem kindlichen Ehrgeiz entsprungen ist, zu den Besten der Klasse gehören zu wollen – oder ob sie nicht einfach die elterliche Erwartung so weit verinnerlicht, internalisiert haben, dass sie sogar selbst zu glauben beginnen, es sei ihr eigener freier Wunsch.

Photo by Michał Parzuchowski on Unsplash
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IN UNGNADE GEFALLEN: ELTERLICHE BESTRAFUNG

Erfüllen die Vorzeigekinder nicht mehr die Erwartungen ihrer Eltern, reagieren diese oft mit Bestrafung auf unterschiedlichen Ebenen. Im Kern drehen sich die Strafen aber jedoch meist darum, dass sie dem Kind seinen Sonderstatus in der Familie vorübergehend (oder dauerhaft) entziehen.

Je nach Ausmaß der Bestrafung kann es sogar bis hin zu psychischer Gewalt gehen, wenn dem Kind dauerhaft Zuwendung, Wertschätzung und familiärer Rückhalt verwehrt werden.

In elterliche Ungnade zu fallen kann beispielsweise wie folgt aussehen:

    • Eltern lassen ihre Kinder die Enttäuschung deutlich spüren, indem sie sie entweder weniger oder gar nicht mehr beachten. [Strafe durch Ignoranz]
    • Eltern warten mit Vergleichen Gleichaltriger (oder sich selbst im selben Alter) auf, bei denen das eigene Kind plötzlich viel schlechter abschneidet. [Strafe durch Abwertung]
    • Eltern bestrafen ihr Kind mit dem Entzug von Privilegien (Exklusivzeit, besondere Unternehmungen, etc.). [Strafe durch Abwertung]

Diese Maßnahmen sind aus elterlicher Sicht notwendig, um das Kind wieder „auf Kurs“ bzw.  „in die Spur“ zu bringen. Dabei glauben sie in der Regel, zum Wohle des Kindes und zu seinem Besten zu handeln, sind dabei jedoch nicht in der Lage, die daraus entstehenden Konsequenzen für ihr Kind zu antizipieren.

Photo by Egor Myznik on Unsplash
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FOLGEN FÜR DAS KIND

Kinder, die daran gewöhnt sind, stets wie Vorzeigeobjekte behandelt zu werden, bemessen ihren Wert zunehmend nur noch daran, wie „vorzeigbar“ sie sind – in ihrem äußeren Erscheinungsbild, ihrer schulischen Leistung, ihren Erfolgen im Sport und/oder ihrem grundsätzlichen Verhalten im Umgang mit anderen.

Mit der Zeit übernehmen sie den elterlichen Blick auf sich selbst und erwarten von sich nur noch Höchstleistungen, Makellosigkeit und Vollendung.

Werden diese Ansprüche nicht (mehr) erfüllt – weil sie etwa fernab jeder Realität liegen – beschädigt das ihr ohnehin bereits fragiles Selbstbild. Im Grunde genommen verbleiben ihnen nur wenige Handlungsoptionen: 

    • Sie strengen sich noch mehr an, bringen noch mehr Leistung und beugen sich dem Druck der elterlichen Erwartung.
    • Sie verweigern jeglichen Druck, bleiben hinter ihren Fähigkeiten bzw. ihrem Potenzial zurück, gehen in eine totale Abwehrhaltung und rebellieren offen.
    • Sie vertuschen vermeintliche Unzulänglichkeiten (schlechte Noten beispielsweise), beschönigen ihre eigene Leistung und/oder lügen, wenn sie nach ihrem Abschneiden gefragt werden.

Künftige Beziehungen, ob auf freundschaftlicher, kollegialer und/oder romantischer Ebene sind dann häufig von der Furcht geprägt, als ganz normale Durchschnittsmenschen mit Ecken und Kanten entlarvt zu werden – und damit Zuwendung, Aufmerksamkeit und Rückhalt aufs Spiel zu setzen, wie sie es bereits aus der Beziehung zu ihren Eltern kennen.

Photo by Annie Spratt on Unsplash
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KEIN AUSSTELLUNGSOBJEKT, SONDERN EIN MENSCH MIT BEDÜRFNISSEN

Gerade, wenn die elterliche Erwartung tief in einem Menschen verankert ist – die wenigsten Menschen sind davon frei – fällt es ihm besonders schwer, sich von dieser Erwartungshaltung zu befreien.

Dabei gilt es vor allem einen schmerzlichen Verlust zu akzeptieren: Den Verlust des Sonderstatus mit all den damit verbundenen Privilegien. Dieser Prozess ist oft schmerzlich und bedarf einer gewissen Trauerzeit.

Privilegien und/oder eine besondere Behandlung sind jedoch kein Zeichen von aufrichtiger Wertschätzung, Zuneigung und/oder Liebe, sondern oftmals ein Instrument, das dazu dient, Sie dazu zu bewegen, etwas für einen anderen Menschen zu erledigen.

Im Fall Ihrer Eltern vielleicht, sich über Ihre Errungenschaften zu profilieren. Im Fall Ihrer Vorgesetzten vielleicht, Sie zu weiteren Überstunden zu überreden, indem man Ihnen beispielsweise Ihre besondere Expertise vor Augen hält. In einer Beziehung, um lästige Dinge auf Sie abzuwälzen, die niemand sonst so gut wie Sie erledigen könne. 

Wer Sie um Ihrer selbst willen mag, liebt oder einfach gerne um sich hat, akzeptiert Sie so, wie Sie sind: Mit Ihren Ecken und Kanten, mit Ihren Schwächen und Stärken – kurzum, Sie als Gesamtpaket – und nicht die Person, die Sie darstellen sollen.

Photo by Mercedes Bosquet on Unsplash
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Meine Frage an Sie:

Wurden Sie als Kind unter Druck gesetzt und häufig mit anderen verglichen? Durften Sie Fehler machen und auch scheitern?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie sind wundervoll.
  • Perfektion und Makellosigkeit sind Illusionen.
  • Sie müssen niemanden übertreffen, um gemocht zu werden.
  • Menschsein bedeutet, Fehler machen zu dürfen.
  • Sie entscheiden, was Ihnen wichtig ist.

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© 2023 Romy Fischer

Dysfunktionale Familien: Die Rolle des braven Kindes

Photo by Ben Wicks on Unsplash
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Dysfunktionale Familien: Die Rolle des braven Kindes

Warum hört mein Kind nicht auf mich? Diese Frage stellen sich viele Eltern regelmäßig, wenn es um ihre Kinder geht. Nicht aber die Eltern eines braven Kindes. Weshalb das aber durchaus ein Grund zur Sorge sein kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Heute stelle ich Ihnen den zweiten Teil der mehrteiligen Serie „Familienrollen – Wenn die Rolle in der Familie zum Gefängnis wird“ vor, die Ihnen dabei helfen können, sich selbst, die Beziehung zu Ihren Bezugspersonen sowie Ihre Kindheit bzw. Jugend besser zu verstehen.

WER SIND DIESE BRAVEN KINDER?

Brave, gehorsame Kinder, das sind die Kinder, die „problemlos“ mitlaufen, die vernünftig sind, ihren Altersgenossen häufig voraus und ihren Eltern in der Regel „keinen Kummer“ bereiten.

Doch der Preis für dieses angepasste Verhalten ist hoch – und es sind die Kinder, die ihn bezahlen müssen.

Photo by Majestic Lukas on Unsplash
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BRAV, ABER UNSICHTBAR

Im Gegensatz zu den übrigen Familienrollen, die ein Kind innerhalb einer dysfunktionalen Familie einnehmen kann, ist die des braven Kindes auf den ersten Blick vermeintlich unproblematisch – ja, aus elterlicher Sicht in der Regel sogar wünschenswert. Und dies umso mehr, je rebellischer sich die übrigen Geschwister verhalten.

Meist betrifft diese Rolle das mittlere Kind, das sogenannte „Sandwich-Kind“ in einer Familie. Zum braven bzw. unsichtbaren Kind wird ein Kind in vielen Fällen dann, wenn die Rolle des Sorgenkindes (bzw. Rebell:in, Unruhestifter:in und/oder Nesthäkchen) bereits durch Geschwister besetzt ist.

Das Fatale an dieser Rolle liegt an mehreren Faktoren: Zum einen vermittelt das brave Kind seinen Bezugspersonen durch sein vermeintlich unproblematisches Verhalten fälschlicherweise oft, sie würden bei ihrer Erziehung alles richtig machen. Denn wenn dies nicht der Fall wäre, würde es sich schließlich gegen die elterliche Erziehung auflehnen, so die Annahme vieler Eltern.

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DAS BRAVE KIND, ÜBERHAUPT (K) EIN PROBLEM?

Da das Kind sich angepasst und unauffällig verhält, in der Regel das tut, was ihm aufgetragen wird und sich stets darum bemüht, niemandem zur Last zu fallen, entsteht bei den Eltern der Eindruck, ein „pflegeleichtes“ oder „wohlgeratenes“ Kind zu haben.

Nur allzu oft resultiert das brave bzw. folgsame Verhalten jedoch daraus, dass das Kind von seinen Bezugspersonen in die Rolle des gehorsamen, vernünftigen Kindes hineingedrängt wurde.

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KINDLICHE WAHRNEHMUNG – GEPRÄGT DURCH DIE BEZUGSPERSONEN

Kinder sehen sich zu Beginn ihres Lebens durch die Augen ihrer Eltern, bevor sie sich ein eigenes Bild von sich selbst machen (können). Das betrifft auch die Art und Weise, wie Konflikte ausgetragen oder Gefühle geäußert (oder nicht geäußert) werden und wirkt sich außerdem auf die Wahrnehmung der Welt sowie der Menschen darin aus.

Elterliche Liebe, Fürsorge und Zuwendung sind für Kinder überlebensnotwendig, sodass sie alles Erdenkliche tun bzw. aushalten, um diese nicht zu verlieren. Bemerkt ein Kind etwa, dass seine Gefühlsregungen bestimmte (negative) Reaktionen bei seinen Eltern hervorrufen, kann es passieren, dass es diese künftig unterdrückt oder nur noch dann äußert, wenn es sich unbeobachtet wähnt.

So wirkt sich die Anpassung des Kindes auf seinen Umgang mit Gefühlen sowie seinen Gefühlsausdruck, sein Vertrauen in die familiäre Sicherheit und nicht zuletzt auf seine künftigen Beziehungserfahrungen aus.

Photo by CHUTTERSNAP on Unsplash
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NEGATIVE GEFÜHLE WERDEN ZUM  TABU

Unerwünschte Gefühle wie Wut, Trauer und/oder übermäßige Freude werden nicht ausgedrückt, da das Kind glaubt, entweder seine eigene Beziehung zu seinen Bezugspersonen zu gefährden – oder es annimmt, dass von seinem angepassten Verhalten die Beziehung der Bezugspersonen zueinander abhängt.

Dazu zählt auch, dass sie ein mögliches Scheitern der elterlichen Beziehung als ihre Schuld ansehen und umso stärker darum bemüht sind, den Eltern keine weiteren Gründe für Auseinandersetzungen zu liefern.

Aber auch die Existenz rebellischer Geschwister kann dazu führen, dass das Kind sich in die Rolle des folgsamen Familienmitglieds gedrängt sieht, wenn es etwa aus eigenem Bestreben darum bemüht ist, seine Eltern nicht (zusätzlich) zu belasten. Ebenso kann es allerdings sein, dass es die direkte Botschaft seiner Eltern erhält, „zum Glück nicht so anstrengend wie der Bruder/die Schwester zu sein“.

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DYSFUNKTIONALE FAMILIE: DAS KIND IST SCHULD

Die Funktion, die das brave Kind in seiner Familie erfüllt, besteht zum einen darin, ihr (fragiles) Selbstbild als Eltern aufrechtzuerhalten. Schließlich ist es ihnen ja offensichtlich gelungen, zumindest ein Kind „richtig“ zu erziehen. Dass das andere Kind bzw. die anderen Kinder „missraten“ sind, wird den unangepassten Kindern angelastet – nicht aber der elterlichen Erziehung bzw. dem familiären Umgang miteinander.

Eine weitere Funktion besteht in der Entlastung der Eltern, die etwa durch ein weiteres (z. B. erkranktes) Kind und/oder persönliche Probleme belastet sind.

Kinder übernehmen dann als Reaktion darauf die Rolle, die am ehesten zur Entlastung ihrer Eltern beiträgt. Auf diese Weise bürden sie sich eine überfordernde Aufgabe auf, deren Erfüllung weitreichende Konsequenzen nach sich zieht.

Photo by Oleksandr Koval on Unsplash
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GIBT ES ÜBERHAUP (K) EIN PROBLEM?

Kinder, die die Rolle des braven Kindes übernommen haben, neigen im Laufe des Lebens u. a. zu folgenden Verhaltensweisen:

  • Sie spüren oftmals ihre eigenen Grenzen nicht (und/oder sind nicht in der Lage, sie zu setzen bzw. zu vertreten).
  • Sie entwickeln eine innere Wut, die sich eines Tages (massiv) entladen kann und/oder erkranken psychosomatisch.
  • Sie gehen Beziehungen zu Menschen ein, die sie und ihre Gutmütigkeit wiederholt ausnutzen.
  • Sie tragen im Kontakt mit anderen grundsätzlich eine Maske, die ihre wahren Gefühle und Gedanken verbirgt.

Photo by Melissa Askew on Unsplash
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BRAV, ABER UNGLÜCKLICH: UNGESUNDE VERHALTENSWEISEN AUFLÖSEN

Je nachdem, wie tief diese Verhaltensmuster reichen, werden sie oftmals mit der eigenen Persönlichkeit verwechselt. Tatsächlich resultieren sie jedoch meist aus der Angst heraus, verlassen, nicht mehr wertgeschätzt und/oder geliebt zu werden.

Diese Ängste beruhen sehr oft auf der realen Erfahrung, von den eigenen Bezugspersonen abgelehnt worden zu sein, wenn man sich als Kind „unangepasst“, „unvernünftig“, „ungehorsam“, „fordernd“ oder „aufmüpfig“ verhielt. Tragischerweise wird die vergangene Erfahrung auf alle künftigen Beziehungen übertragen – sei es im Hinblick auf Freundschaften, berufliche Kontakte und/oder neue Partner:innen.

Um diese Verhaltensmuster zu durchbrechen und neue, gesündere Verhaltensweisen zu erlernen, kann eine begleitende Unterstützung sinnvoll sein. Zum einen, um eine Außenperspektive auf die eigene Situation zu erhalten und zum anderen, um sich allmählich an ein neues Verhalten heranzutasten, ohne Gefahr zu laufen, unmittelbar wieder in alte Muster zurückzufallen.

Dabei werden wiederkehrende Muster aufgedeckt, verinnerlichte Glaubenssätze wie „Ich werde nur geliebt, wenn ich mich gefügig verhalte“ kritisch hinterfragt und durch adäquatere („Auch wenn ich unbequem bin, mögen mich meine Mitmenschen noch“) ersetzt.

Photo by Mercedes Bosquet on Unsplash
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Meine Frage an Sie:

Fühlten Sie sich als Kind gesehen? Durften Sie Bedürfnisse haben?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie dürfen sichtbar sein.
  • Sie dürfen hörbar sein.
  • Sie dürfen unbequem sein.
  • Sie dürfen Bedürfnisse haben.
  • Ihre Gefühle und Gedanken verdienen Beachtung.
  • Sie (!) verdienen Beachtung.

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© 2023 Romy Fischer

Was ist eigentlich Familie?

Photo by James Garcia on Unsplash
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WAS IST EIGENTLICH FAMILIE?

Wenn wir von Familie sprechen, meinen wir in der Regel unsere engsten Familienmitglieder: Väter, Mütter, Geschwister. Womöglich auch noch die Großeltern. Doch spiegeln diese Bezeichnungen wider, was hinter dem Begriff Familie steckt? Und was ist, wenn man sich in der eigenen Familie wie eine Fremde oder ein Fremder fühlt? Was also ist Familie eigentlich?

Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash
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BEI DER GEBURT VERTAUSCHT

Vielleicht haben Sie sich in Ihrer Kindheit häufiger bei dem Gedanken ertappt, bei der Geburt vertauscht worden zu sein.

Womöglich hatten Sie auch die Fantasie, Ihre Eltern seien gar nicht Ihre richtigen Eltern, sondern nur Ihre Adoptiveltern, während Ihre richtigen Eltern irgendwo da draußen leben würden. Und eines fernen Tages würden diese Sie aufsuchen, damit Sie alle zusammen wieder eine glückliche Familie wären. Denn auch wenn eine äußerliche Ähnlichkeit sich nicht leugnen lässt, können Sie das Gefühl nicht abschütteln, dass Sie irgendwie einfach nicht dazugehören. Je älter Sie werden, desto stärker drängt sich dieses Gefühl Ihnen auf.

Photo by Bastien Jaillot on Unsplash
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FAMILIE – WAS IST DAS EIGENTLICH?

Familie – oder auch Kernfamilie: Meist handelt es sich dabei um die eigenen Eltern. Wenn ein Kind geboren wird, wird es oft in eine bestehende Paarbeziehung hineingeboren. Dementsprechend ist die erste Beziehungserfahrung, die ein Kind sammelt, die Beziehung zu seinen engsten Bezugspersonen. Diese prägt nachhaltig alle weiteren Beziehungserfahrungen: Von der Bindung, dem Selbstbild, der Interessen und der Berufswahl bis hin zur späteren Auswahl des Lebenspartners bzw. der -partnerin.

Sobald allerdings eine weitere Person in Form eines Säuglings die Familienbühne betritt, verändern sich auch die Rollen der bereits vorhandenen Familienmitglieder: Aus zwei Partnerinnen bzw. Partnern werden Eltern, die ihrerseits bestimmte Vorstellungen von Elternschaft in sich tragen, über die sie sich selbst nicht unbedingt im Klaren sind.

Hinzu kommen gesellschaftliche Erwartungen an die frischgebackenen Eltern, die einen nicht unerheblichen Stressfaktor darstellen. Mutter, Vater, ein bzw. zwei Kinder – so soll die klassische Familie aussehen, wenngleich das definitiv nicht die Pluralität der heutigen Familienlandschaft abbildet. Fragen danach, wie eine gute Mutter zu sein hat, wie ein guter Vater, tauchen oft aus dem Nichts auf und verlangen nach einer Antwort. Denn schließlich wollen alle Eltern stets nur das Beste für ihr Kind.

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WAS DIE EIGENE KINDHEIT MIT DER ELTERNSCHAFT ZU TUN HAT

Bei der Erinnerung an eine (überwiegend) positive Kindheit werden bei der Erziehungsarbeit eigener Kinder oftmals weniger Konflikte erlebt – vorausgesetzt die zweite Bezugsperson teilt diese Vorstellung. Ist Letzteres nicht der Fall, können Differenzen über Erziehungsvorstellungen hochexplosiv sein.

Besonders kritisch wird es jedoch dann, wenn die familiäre Rückschau und die Erinnerung an die Erziehung stark negativ besetzt sind. Dann flammen innere Konflikte in Form von ambivalenten Impulsen auf: Der Wunsch danach, es anders – besser – zu machen als die eigenen Eltern auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite die unbewusst ablaufenden Reaktions- und Denkmuster, die von der elterlichen Erziehungserfahrung geprägt sind.

Photo by Charles Etoroma on Unsplash
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WOHIN MIT ALL DEN GEFÜHLEN? 

Früher oder später kommt es dann zu einer emotionalen – vielleicht sogar körperlichen – Überreaktion, wenn die eigenen Nerven blank liegen, weil wochen- oder monatelanger Schlafentzug an den Kräften zehrt und der Spagat zwischen Privatleben, Partnerschaft, Erziehungsauftrag und Beruf nicht länger gelingt.

Nach einem heftigen Gefühlsausbruch gegenüber dem eigenen Kind bahnen sich anschließend Schuld- und Reuegefühle ihren Weg nach oben, denn so reagieren, wie die eigenen Eltern reagierten, wollte man schließlich nicht. Doch es bleibt nicht bei diesem einmaligen Ausrutscher, denn das Muster alleine aufzulösen ist ein schwieriges Unterfangen.

Vielleicht fehlt es sogar an positiven bzw. authentischen Vorbildern, an denen man sich orientieren könnte. Es scheint, als sei man seinen Gefühlen hilflos ausgeliefert. Und heißt es schließlich nicht, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm? Selbst, wenn dieser Stamm der eines fremden Baumes zu sein scheint?

Photo by Jose Aragones on Unsplash
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BLONICHT WIE MEINE ELTERN 

Blut ist bekanntlich dicker als Wasser. Und dennoch adoptieren Menschen überall auf der Welt Kinder, mit denen sie genetisch nicht verwandt sind und werden ihnen gute Bezugspersonen, die sie in ihrer Entwicklung begleiten, auffangen und unterstützen.

Das jedoch erfordert eine Menge Mut sowie kontinuierliche Arbeit an sich selbst. Soziale Elternschaft etwa bemisst sich nicht daran, ob die DNS zweier Menschen übereinstimmt, sondern hängt einzig und allein davon ab, ob man dazu bereit ist, „bestimmte Aufgaben bei der Erziehung des Kindes sowie die Verantwortung als Erwartung, diese Aufgaben auch erfolgreich zu erfüllen, zu übernehmen“.*

Es ist durchaus möglich, die Fehler der Eltern nicht zu wiederholen und aus dem Teufelskreis der Familiengeschichte auszubrechen. Aber es genügt nicht, unter dem Leitspruch „bloß nicht wie meine Eltern“ zu erziehen, sondern erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit und dem kontinuierlichen (Neu-) Entwurf seiner Erziehungsvorstellung(en). Das bloße Gegenteil der elterlichen Erziehung führt zu neuen Konflikten und eher selten zu einer zufriedenstellenden und entspannteren Familiensituation. Es ist wichtig, adaptiv zu reagieren und flexibel zu bleiben, statt starr und rigide einer bestimmten Vorstellung zu verhaften.

 

Photo by Diana Polekhina on Unsplash
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FAMILIE, DAS IST …  

… der Ort, an dem ein Mensch sich sicher und geborgen fühlen darf. Familie, das sind die Menschen, denen Ihr Wohlergehen wichtig ist und am Herzen liegt, an dem Sie Unterstützung erfahren und aufgefangen werden, wenn das Leben Ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht.

Familie ist vielfältig, bunt und hat viele Gesichter. Aber Familie ist vor allem eines: Familie ist der Ort, an dem Sie immer willkommen sind, und zwar einfach nur deshalb, weil es Sie gibt.

*Quelle: https://www.familienhandbuch.de/

 

Photo by Mercedes Bosquet on Unsplash
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Meine Frage an Sie:

Welche Vorstellung von Familie haben Sie? Entspricht Ihre Familie dieser Vorstellung? Worin tut sie es und worin nicht?

Eine wichtige Erinnerung an Sie

  • Sie dürfen selbst entscheiden, wie Sie leben wollen.
  • Sie sind einzigartig auf diesem Planeten.
  • Sie haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, das Sie nach Ihren Vorstellungen gestalten.
  • Sie sind kein Fehler, kein Unglück und auch kein Irrtum.
  • Sie dürfen sich selbst wertschätzen, respektieren und lieben, denn Ihr Wert bemisst sich nicht an Ihren Leistungen, Ihrem Aussehen und/oder den Zuschreibungen anderer.

Wenn Sie bei diesem Prozess eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

 

Weitere Kanäle, auf denen Sie regelmäßig neue Inhalte von mir finden, sind derzeit Facebook und Instagram.

 

© 2023 Romy Fischer