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Weihnachten ohne Familie: Gelassener durch die Feiertage

Weihnachten ohne Familie: Gelassener durch die Feiertage kommen
Wer Weihnachten ohne die Familie verbringt, wird gerne bedauert. Sicher ist man frisch getrennt – oder die Eltern sind bereits verstorben. Dabei kann es viele gute Gründe dafür geben, weshalb man die Feiertage nicht im Kreise der Familie verbringt.
Heute geht es darum, wie es Ihnen gelingt, gelassener durch die Feiertage zu kommen, ohne sich von vergangenen Erfahrungen zu sehr beeinflussen zu lassen.

FAMILIENIDYLLE AN WEIHNACHTEN?
An den Feiertagen konzentriert sich all das, was sich über das Jahr hinweg teils angesammelt, teils aufgetürmt hat: Die Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche und Sehnsüchte werden auf die wenigen Tage im engsten Familienkreis projiziert. Treffen diese dann auf die Realität, sind Enttäuschung, Frust und Ärger geradezu vorprogrammiert.
So gut wie niemandem gelingt es, sich gänzlich von Erwartungen an andere zu befreien. Wir alle haben Wünsche, die teilweise berechtigt und teilweise unberechtigt sind. Jedoch ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass es sich dabei lediglich um Wünsche handelt – unsere Mitmenschen sind nicht dazu verpflichtet, sie uns zu erfüllen. Selbst unsere eigene Familie ist das nicht.
Das heißt keineswegs, dass Sie alle Erwartungen über Bord werfen sollten, um gar nicht erst Gefahr zu laufen, enttäuscht zu werden. Vielmehr bedeutet es, dass es an der Zeit ist zu prüfen, ob und inwieweit sich Ihre Wünsche in Wahreheit auf eine längst vergangene Zeit beziehen: Ihre Kindheit und/oder Jugend.

WEIHNACHTEN IM KREISE DER FAMILIE
Wenn Sie sich an vergangene Weihnachtsfeste zurückerinnern, mit welchen Gefühlen sehen Sie sich konfrontiert? Freude, Dankbarkeit, Nostalgie, Wehmut und/oder Bitterkeit?
Viele Menschen tendieren dazu, die Vergangenheit verklärter zu erinnern, als sie zum jeweiligen Zeitpunkt stattgefunden hat. Gerade in Gesprächen mit anderen Familienmitgliedern werden dieselben – oft vermeintlich „schönen“ und/oder „lustigen“ – Familiengeschichten bzw. -anekdoten geradezu gebetsmühlenartig wiederholt.
Es wird zum Ritual, vergangene Feste in der Erinnerung aufleben zu lassen, als ob man sich immer wieder aufs Neue vergewissern wollte, dass die Vergangenheit sich tatsächlich so heiter, gesellig und friedlich abgespielt hat, wie es die Erzählungen vermuten lassen.
Ganz oft war dies allerdings nicht der Fall, ganz im Gegenteil.

DYSFUNKTIONALE KOMMUNIKATION IN DER FAMILIE
Leider ist es noch immer nicht bis in alle Familien vorgedrungen, wie wichtig gesunde Kommunikation ist. So wichtig die Inhalte eines Gespräches sind, mindestens ebenso wichtig ist es, die Art und Weise zu beachten, wie diese Inhalte geäußert werden.
Dann wird über den alkoholisierten Onkel gescherzt, der im Laufe des Abends immer anhänglicher wurde, die Figur bzw. die Kleidung der Anwesenden kommentiert und/oder das Festessen mit mehrdeutigen Komplimenten versehen – häufig begleitet von einem Augenzwinkern oder einem verbalen „Du weißt doch, wie ich das meine.“
Grundsätzlich ist zunächst einmal nichts Schlechtes daran, sich an die Vergangenheit zu erinnern. Problematisch wird es erst, wenn das Wiederkäuen der Vergangenheit zu schmerzhaften Gefühlen in der Gegenwart führt. Wenn eine Frau oder ein Mann wiederholt auf ihr Äußeres, die Familienplanung und/oder die berufliche Stellung angesprochen werden – oft in Kombination mit einer (ab)wertenden Haltung – dann handelt es sich hierbei nicht mehr um familiäre Frotzeleien, sondern um eine Grenzüberschreitung, die durch ihre jährliche Wiederholung vermeintlich legitimiert wird.
Wird diese Grenzüberschreitung beim Namen benannt, verwandelt man sich in den Augen der Familie sogleich in einen bzw. eine sogenannte Nestbeschmutzerin. Denn schließlich sollte man sich doch wenigstens über die Feiertage doch zusammenreißen können – so lautet häufig das unausgesprochene Familiencredo.

GRENZEN: WAHRNEHMEN, SETZEN UND KOMMUNIZIEREN
Wenn Sie sich dafür entscheiden, die Feiertage mit Ihrer Familie zu verbringen, kann es deshalb sinnvoll sein, dass Ihre eigenen Grenzen setzen und kommunizieren. Doch zuvor müssen Sie sich selbst darüber im Klaren sein, wann und in welchen Situationen eine Grenzüberschreitung für Sie beginnt. Das kann je nach Geschlecht, Alter und Lebenssituation ganz unterschiedlich aussehen.
Eine ungewollt kinderlose Frau möchte womöglich nicht auf die Familienplanung angesprochen werden – und schon gar keine Scherze über die Kinderlosigkeit hören. Jemand, dessen Vertrag erneut befristet wurde und/oder der bzw. die gerade seine Stelle verloren hat, hingegen möchte nicht auf die berufliche Situation angesprochen werden. Sie ahnen bereits, dass es viele Themenbereiche geben kann, die ein Minenfeld für alle Beteiligten darstellen können.
Zunächst einmal geht es darum, dass Sie für sich selbst sondieren, welches Thema zum gegenwärtigen Zeitpunkt für Sie ein „Tabu“-Thema darstellt. Das Bewusstsein dafür hilft Ihnen dabei, klar(er) zu kommunizieren, worüber Sie nicht mit Ihrer Familie sprechen möchten. Je klarer Sie in Ihrer eigenen Haltung sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Ihre Familie Ihren Wunsch respektiert.

FORMULIERUNGSHILFEN: GRENZEN KOMMUNIZIEREN
Wenn Sie sich entschieden haben, die Feiertage mit Ihrer Familie zu verbringen, können Sie mithilfe der folgenden Beispielformulierungen Ihre Grenzen kommunizieren.
Themen abwehren und ein anderes Gesprächsthema vorschlagen bzw. das Thema umlenken:
- „Liebe X, lieber Y, ich möchte nicht über Thema Z sprechen. (Danke für euer Verständnis.)“
- „Ehrlich gesagt möchte ich darüber nicht sprechen. Möchte noch jemand von Gericht A probieren?“
- „Ich finde nicht, dass das ein gutes Gesprächsthema ist. Wollen wir lieber über Thema B sprechen?“
Gespräch beenden und Situation verlassen:
- „Du, wenn du weiter über Thema A sprechen möchtest, beende ich das Gespräch.“
- „Ich sagte bereits, dass ich nicht über Thema B sprechen werde. Wenn du darauf beharrst, werde ich gehen.“
- „Es ist schade, aber ich hatte bereits gesagt, dass ich nicht über Thema A sprechen möchte. Ich werde mich dann jetzt verabschieden.“

WEIHNACHTEN OHNE FAMILIE: ZEIT FÜR EIGENE TRADITIONEN
Es ist an der Zeit, eigene Traditionen zu begründen. Das kann das bewusste Loslassen alter Traditionen bedeuten, weil man ihnen entweder entwachsen ist, sie ohnehin nie besonders mochte oder auch einfach nur seine eigene Vorstellung einer erholsamen Weihnachtszeit umsetzen möchte.
Das kann auch bedeuten, Weihnachten überhaupt nicht zu feiern, es alleine zu verbringen oder mit Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin und/oder Ihrem Freundeskreis.
Als erwachsener Mensch haben Sie die Freiheit, Ihre eigenes Leben zu gestalten – das bezieht sich auch die Dauer bzw. die Art und Weise, wie Sie den Kontakt zu Ihrer Herkunftsfamilie über die Feiertage gestalten.

Meine Frage an Sie:
Mit welchen Gefühlen erinnern Sie sich an die Feiertage in Ihrer Kindheit und Jugend? Gab es auch Raum für Negatives? Wie wurden Konflikte gelöst?
Eine wichtige Erinnerung an Sie
- Sie bestimmen, wie Sie die Feiertage verbringen möchten.
- Sie dürfen alte Traditionen ablegen.
- Es ist nicht Ihre Aufgabe, es allen recht zu machen.
- Sie dürfen Ihre Grenzen kommunizieren und wahren.
Wenn Sie bei diesem Prozess eine empathische Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.
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© 2023 Romy Fischer

Schuldgefühle gegenüber den Eltern

Schuldgefühle
Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Nicht ohne Grund stehen Menschen ungerne in jemandes Schuld. Man spricht davon, seine Schulden zu begleichen, möchte keine Schuld auf sich laden oder von bestehender Schuld freigesprochen werden. Mit Schuldgefühlen, die in der Kindheit und Jugend entwickelt wurden, verhält es sich ähnlich. Sie sind hartnäckige Begleiter.
Schuldgefühle gegenüber den eigenen Eltern
Schuldgefühle gegenüber den eigenen Eltern sind oftmals ein Relikt aus der Kindheit. Sie treten häufig als Folge elterlicher Erziehungsmethoden auf, die dem Kind die Verantwortung für das elterliche Wohlergehen und deren körperlich-emotionale Verfassung im Allgemeinen aufbürden.
Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass sich aus Elternschaft der Anspruch auf Dankbarkeit und Wohlverhalten von seinen Kindern ableiten lässt. Dahinter steht häufig die Annahme eines vermeintlichen Generationenvertrags: Erwachsene bekommen Kinder, versorgen diese so lange, bis diese es selbst können und irgendwann einmal im Leben kommt der Zeitpunkt, an dem es sich umgekehrt verhält – die mittlerweile erwachsen gewordenen Kinder versorgen und unterstützen nun ihre alternden Eltern.
Die Vorstellung eines fairen Gebens und Nehmens, die über Generationen hinweg existierte und in den Köpfen vieler Menschen noch heute existiert. Und in der Zeit zwischen Geben und Nehmen werden außerdem jede Menge Schuldgefühle gesät, sowohl bewusst als auch unbewusst.
Schuldgefühle als Nebenprodukt
Dabei ist es eher selten der Fall, dass Eltern sich bewusst dazu entscheiden, ihre Kinder durch den Einsatz von Schuldgefühlen großzuziehen. Vielmehr übernehmen sie teils unreflektiert das Verhalten, das sie bereits kennen: Aus ihrer eigenen Kindheit und Jugend, aus der Beobachtung anderer – und zum Teil auch aus den Medien, wie etwa Filme oder Serien. Die darin gezeigten Verhaltensweisen werden als akzeptables oder zumindest prinzipiell mögliches Verhalten bewertet.
Das Erzeugen von Schuldgefühlen ist dann ein Nebenprodukt, was zum einen aus der Erwartung resultiert, dass Eltern zunächst einmal in Vorleistung gehen (müssen), bevor sie im Gegenzug dafür etwas zurückerhalten – und zum anderen aus der (unreflektierten) Übernahme ebendieser Verhaltensweisen.
Das Tabu: Kinder schulden ihren Eltern nichts
An dieser Stelle gilt es das Tabu einer Eltern-Kind-Beziehung schlechthin anzusprechen:
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- Kinder schulden ihren Eltern nichts.
- Sie schulden Ihren Eltern nichts.
- Ihre Kinder schulden Ihnen nichts.
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Eine Eltern-Kind-Beziehung kann reziprok – wechselseitig – sein, aber sie ist es nicht per se. Und diese Reziprozität kann auch nicht eingefordert werden, weder mit Schuldgefühlen noch mit psychischer (oder physischer) Gewalt.
Elternschaft – eine einseitige Verantwortung
Wer sich dazu entscheidet, ein Kind in die Welt zu setzen, muss sich dessen bewusst sein: Das Kind zu bekommen ist eine egoistische – auf das eigene Ego bezogene – Handlung, die eine einseitige Verantwortung nach sich zieht – die Eltern tragen ihren Kindern gegenüber eine Verantwortung, nicht aber umgekehrt.
Keinem Kind stand die Wahl offen, ob es zum einen überhaupt geboren werden wollte und zum anderen in ausgerechnet diese Familie hinein. Diese Entscheidung trafen einzig und allein die Eltern – für sich. Im Nachhinein Dankbarkeit dafür zu erwarten, weil man voraussetzt, dass ein Kind doch schließlich lieber existieren als nicht existieren würde, ist eine Rechtfertigung für den eigenen Egoismus, jedoch kein Argument dafür, dass Kinder mit dem Beginn ihrer Existenz ihren Eltern etwas schulden.
Welche Hoffnungen und Wünsche Eltern daher an ihr Kind auch herantragen mögen, welchen Lebensweg sie für ihr Kind auch vorsehen – mehr als ein Wunsch und/oder Vorschlag kann es nicht sein.
Schuldgefühle in der Gegenwart
Schuldgefühle können auch in der Gegenwart noch sehr präsent sein und in verschiedenen Situationen ausgelöst werden. Das Erleben von Schuld(gefühlen) kann auftreten, wenn Sie Ihren Mitmenschen gegenüber Grenzen setzen wollen, aber deren Reaktion (beispielsweise Unverständnis, Entzug von Zuwendung, Wut und/oder Ablehnung) fürchten.
Es kann auch vorkommen, dass Sie sich schuldig fühlen, wenn Sie Ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen (und befriedigen möchten). Schuldgefühle können in Konfliktsituationen generell auftreten, in denen Sie nur allzu schnell bereit sind, die Schuld auf sich zu nehmen, Ihr Gegenüber zu beschwichtigen und die Harmonie wiederherzustellen, auf Kosten Ihrer eigenen psychischen und physischen Gesundheit.
Von Schuldgefühle Geplagte finden sich als Reaktion darauf oft in zwei Extremen wieder:
Die „Helfer:innen-Rolle“, die vorauseilend um die Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Mitmenschen bemüht ist, noch bevor diese sie selbst überhaupt wahrnehmen und/oder äußern. Das Ziel ist hierbei, das Aufkommen von Schuldgefühlen, Disharmonie, Ablehnung oder Streit gänzlich zu vermeiden.
Die Rolle des/der „Widerständler:in“, in der jegliche Verantwortung abgelehnt und/oder andere potenzielle Schuldige gesucht werden, während eigene Anteile ausgeblendet sind. Das Credo könnte lauten: Ich schulde niemandem etwas und niemand schuldet mir etwas.
Wozu sollten wir dann überhaupt noch Kinder bekommen, wenn einem nicht einmal der Dank dafür gewiss ist?
Kinder sind uns anvertraut worden, damit wir sie bei ihrer Entwicklung unterstützen, fördern und begleiten. Jedes einzelne Kind ist ein Individuum, auch wenn es durch uns in die Welt kommt. Daraus lässt sich aber keineswegs der Anspruch ableiten, sie wären uns irgendetwas schuldig. Ihre Dankbarkeit und Zuwendung sind ein Geschenk, keine zu erbringende Schuld.
Wie Johann Wolfgang von Goethe es ausgedrückt haben soll:
„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“
beziehungsweise
„Wenn Kinder klein sind,
gib ihnen Wurzeln,
wenn sie groß sind,
verleih ihnen Flügel.“
Schuldgefühle auflösen: Ein begleiteter Prozess
Wenn Sie noch heute unter wiederkehrenden Schuldgefühlen leiden, ist es an der Zeit, diese kritisch zu hinterfragen – am besten mit jemandem an Ihrer Seite, der oder die Sie bei diesem Prozess des Auflösens unterstützt.
Meine Frage an Sie: In welchen Situationen tendieren Sie dazu, sich schuldig zu fühlen? Würden andere sich an Ihrer Stelle ebenfalls schuldig fühlen?
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© 2023 Romy Fischer